NZZ am Sonntag vom 29.11.2015, Seite 31 - Die wenigen noch wirksamen Antibiotika so sparsam wie möglich einsetzen – bei Mensch und Tier. Das ist das Hauptanliegen der
Strategie gegen Antibiotika-Resistenzen, die Innenminister Alain Berset letzte Woche präsentiert hat. Dabei wird Prävention grossgeschrieben: hygienische Massnahmen in den Spitälern, Impfungen und ein Umdenken in der Tierhaltung, wo der Einsatz von Antibiotika immer noch an der Tagesordnung ist.
Nicht ganz zufrieden mit dem Ansatz ist die Pharmaindustrie. «Wir haben schon immer gesagt, dass es Anreize für Investitionen in die Erforschung neuer Antibiotika braucht», sagt Thomas Cueni von Interpharma. Davon sei nun aber wenig zu spüren in der nationalen Strategie. Die Anforderungen für klinische Studien etwa seien zu hoch, und neue Antibiotika
müssten aufgrund veralteter Mechanismen der Preisbildung unter ihrem Wert verkauft werden.
Richtiggehend übergangen fühlen sich die Komplementärmediziner. «Der Bund vergibt eine Chance», sagt Edith Graf-Litscher, Co-Präsidentin des Dachverbands Komplementärmedizin, dem auch komplementärmedizinisch tätige Ärzte angehören. Klare Hinweise auf alternative Therapien, etwa in der Tiermedizin, fehlten. «In der Landwirtschaft etwa hat sich der Einsatz von Homöopathie bestens bewährt», sagt Graf-Litscher. Die SP-Nationalrätin will nun auf
parlamentarischem Weg erreichen, dass komplementäre Methoden ein grösseres Gewicht erhalten.
Katharina Bracher